Mittlerweile ist es bei uns allen angekommen: Sitzen ist das neue Rauchen. Jeder weiß, dass dauerhaftes Sitzen schädlich für den gesamten Körper ist. Jedoch sind Stehtische und Ergonomie am Arbeitsplatz nicht der einzige Ausweg aus dem Teufelskreis. Wir zeigen dir, wie du dir bei stundenlangem Sitzen selbst helfen kannst!
Der klassische Arbeitsalltag
Der menschliche Körper ist ein Wunderwerk. Er kann sich perfekt an alle möglichen Belastungen des Körpers anpassen, leider auch an das Sitzen. Sitzt du den ganzen Tag, so wird dein Körper Weltmeister im Sitzen. Hört sich nicht schlecht an oder ? Schön wär’s! Aber irgendwann muss man auch wieder aufstehen und so lassen die Schmerzen nicht lange auf sich warten.

Erkennst du im Bild deinen Arbeitsalltag wieder?
Dann wird es Zeit etwas dagegen zu unternehmen, und zwar jetzt! Uns ist klar, dass es schwer ist die Sitzzeiten von heute auf morgen zu reduzieren. Solltest du die Option haben einen Stehtisch zu verwenden, wäre das eine super Möglichkeit, um Abwechslung in den Arbeitsalltag zu bringen und deinen Rücken zu entlasten. Wir zeigen dir, wie du dir trotz langer Sitzzeiten helfen kannst Rückenschmerzen zu verhindern.
Warum ist Sitzen schädlich für mich?
Sitzen an sich ist nicht schädlich. Erst die Dosis macht das Gift. Steigt die Dauer des Sitzens pro Tag auf mehrere Stunden, so ist es dringend notwendig den nötigen Ausgleich zu schaffen und aktiv gegen das Sitzen anzukämpfen.
Bevor wir uns Tipps, Tricks und Hilfestellungen für den Alltag ansehen, ist besonders wichtig zu verstehen, was das Sitzen bewirkt und wo die Probleme liegen. Im Arbeitsmodus nimmt keiner von uns wahr wie schlecht unsere Haltung aktuell gerade ist. Erst wenn Verspannungen und Schmerzen entstehen, wird uns klar: Es ist Zeit dem Rücken was Gutes zu tun.
Nach langem Sitzen im Rundrücken wird vor allem der Hüftbeuger dauerhaft verkürzt. Der Hüftbeuger hat seinen Ursprung am unteren Rücken und zieht über das Becken zum Oberschenkel. Im Sitzen wird der Hüftbeuger (M. Iliopsoas) verkürzt. Sobald der Vielsitzer nun wieder aufsteht bringt der Hüftbeuger einen spürbaren Zug auf den unteren Rücken, da der Hüftbeuger gedehnt werden muss, um den Oberkörper aufzurichten. Um die verkürzte Hüftmuskulatur auszugleichen und aufrecht stehen zu können wird verstärkt der Rückenstrecker eingesetzt. Sollte dieser nicht kräftig genug sein, kommt es zu einem dauerhaften Rundrücken (auch im Stehen) und die dauerhafte Fehlbelastung nimmt ihren Lauf.

Weiters wird der Rücken in der Brustwirbelsäule zunehmend gerundet, die Schultern nach innen rotiert und der Nacken verspannt. Durch den zunehmenden Rundrücken muss auch der Halswirbelsäulenbereich überstreckt werden, um den Blick nach vorne zu richten. Du kannst dir wenig darunter vorstellen? Ich denke, das Bild hilft dir dabei ein wenig:
Während dem Sitzen ist die tiefe Hüftmuskulatur ebenfalls inaktiv und verspannt auf Dauer zunehmend. Der birnenförmige Muskel (Musculus Piriformis) ist einer der Hüftstabilisatoren und hilft die Stabilität beim Stehen, Gehen und Laufen zu halten. Der Ischiasnerv entspringt im Lendenwirbelsäulenbereich und verläuft in der Hüfte nahe dem M. Piriformis über die Rückseite des Oberschenkels. Bei einem verspannten M. Piriformis kann zu einem Druck auf den Ischiasnerv kommen und ähnliche Symptome wie bei einem Bandscheibenvorfall auslösen, obwohl nur ein verspannter Muskel dafür verantwortlich ist.
Durch die dauerhaften Fehlbelastungen kommt es oft zu Schmerzen, die auf einem MRT-Bild bei einer ärztlichen Untersuchung meist unentdeckt bleiben. Sieh diese Schmerzen vielmehr als Warnschuss deines Körpers endlich was dagegen zu unternehmen.
Hier nochmal ein Überblick für dich was beim Sitzen passiert:
- Hüfte wird unbeweglich
- Rundung in der Brustwirbelsäule
- Protraktion (nach vorne Kippen) der Schultern
- Innenrotation der Arme
- Halswirbelsäule wird überstreckt
Tipps, Tricks und Hilfestellungen gegen das Sitzen
Es gibt unzählige Möglichkeiten, um einen optimalen Ausgleich zum Sitzen zu schaffen. Bevor wir uns aber Tipps anschauen, die den sitzenden Arbeitsalltag erleichtern sollen, wollen wir uns die richtige Sitzposition ansehen. Da die meiste Zeit in dieser Position verbracht wird, hilft es hier etwas Feintuning zu betreiben. Nimm dir also die Zeit und vergleiche die optimale Sitzposition mit deiner täglichen Haltung:

In der Realität sieht die tatsächliche Sitzposition oft ganz anders aus. Nimm dir also Zeit, deinen Schreibtisch optimal einzurichten, um es dir zu erleichtern in einer schönen Haltung zu bleiben.
Sessel:
Der Bürosessel ist mit dem Schreibtisch eine der teuersten Investitionen, um den Arbeitstag beschwerdefrei zu überstehen. Spar jedoch nicht an der Auswahl deines Sessels. Diese Investition macht sich definitiv bezahlt. Weiters solltest du darauf achten eine Lehne zu verwenden und stabil und angenehm auf dem Sessel zu sitzen. Ein Gymnastikball oder wackelige Sitzflächen sind zur Abwechslung ganz nett, dienen aber mehr als Trainingsgerät und weniger als täglicher Arbeitssessel, da ansonsten die Rumpfmuskulatur dauerhaft angespannt sein muss.
Tipp:
Solltest du einen Gymnastikball als Sessel verwenden wollen, tausche ihn mehrmals täglich für 10-15 min mit deinem Bürosessel aus.
Der Sessel sollte in etwa so hoch eingestellt werden, sodass die Füße entspannt auf dem Boden abgelegt werden können und der Kniewinkel leicht über 90° beträgt. Der Oberschenkel bleibt parallel zum Boden bzw. leicht abfallend.
Schreibtisch:
Sollte das Budget keine Rolle spielen, so empfehlen wir ganz klar einen höhenverstellbaren Schreibtisch, um zwischendurch auch im Stehen arbeiten zu können. Um in der richtigen Haltung beim Sitzen zu bleiben und den Nacken nicht zu verspannen, ist die Ablage der Unterarme entscheidend. Die Unterarme sollten entspannt auf dem Tisch abgelegt werden können, sodass die Schultern tief gehalten werden und der Rücken nicht gerundet wird.
- Ist der Tisch zu hoch eingestellt, so werden die Schultern nach oben gezogen
- Ist der Tisch zu niedrig eingestellt, so wird der Rücken gerundet und die Schultern rotieren nach vorne
Bildschirm:
Der Bildschirmoberkante sollte maximal auf Augenhöhe ausgerichtet sein, sodass der Blick nie nach oben sondern immer leicht nach unten gerichtet wird. Der Bildschirm sollte nicht seitlich versetzt zum Arbeitsplatz stehen, da sonst durchgehen der Kopf zur Seite gedreht wird.
3 Goldene Regeln zum Sitzen
Nachdem du jetzt weißt, wie du richtig Sitzen solltest, kommen wir zu unseren 3 wichtigsten Tipps für einen beschwerdefreien Arbeitsalltag:
- Sitzen mit neutraler Wirbelsäulenhaltung
- Alle 20-30 Minuten aufstehen und bewegen
- 10 – 15 min täglich in Mobilisationsarbeit investieren
Wie du erkennen kannst, spielt hier Bewegung eine Hauptrolle. Mit Hilfe der richtigen Sitzposition können Verspannungen herausgezögert werden. Solltest du aber bereits mehrere Stunden ununterbrochen Sitzen, so ist es nur eine Frage der Zeit bis deine Haltung nicht mehr optimal ist und die Verspannungen in Nacken- und Hüftbereich zunehmen. Niemand schafft es den gesamten Arbeitstag in einer schönen Haltung zu bleiben und nicht zu verspannen. Daher ist es wichtig sich so oft wie möglich an die Haltungskorrektur zu erinnern – insbesondere durch Bewegung.
Wir empfehlen alle 20-30 Minuten kurz aufzustehen und sich zu bewegen. Und wenn es nur der Spaziergang zum Kopierer ist, ist das auch schon besser als ununterbrochenes Sitzen. Mit unseren täglichen Übungen am Arbeitsplatz übernehmen wir das Denken für dich und zeigen dir, was du gerade für Übungen brauchst, um dich locker und entspannt zu fühlen. Durch gezielte Kräftigungs-, Mobilisations- und Dehnübungen können Verspannungen in Nacken- und Hüftbereich vorgebeugt und reduziert werden.
Tipps und Tricks:
Mit der richtigen Sitzposition und den Grundregeln für einen entspannten Arbeitstag kommen wir nun zu unseren besten Tipps für den Büroalltag:
10.000 Schritte
Sieht auf den ersten Blick viel aus, du wirst aber sehen, das geht ganz leicht! Viel Bewegung bedeutet natürlich nicht immer nur Sport. Hier machen vor allem die kleinen Wege im Büro zwischendurch den großen Unterschied. Um täglich auf 10.000 Schritte zu kommen, benötigt es in etwa 100 Minuten täglich an Bewegung. Mittlerweile hat jedes Smartphone bereits einen Schrittzähler integriert. Aktiviere diesen und behalte deine täglichen Schritte im Auge. Mit den folgenden Tipps, schaffst du deine täglichen 10.000 Schritte garantiert!
- Spazieren während Telefonaten
- Bus verpasst? Geh eine Station zu Fuß
- Früh genug dran? Steig eine Station früher aus und geh zu Fuß
- Unterhaltungen im Gehen
- Treppen steigen statt Aufzugfahren
- Spaziergang in der Mittagspause
- Anstatt Kollegen um die Ecke anzurufen, kurz rüber gehen
Vor allem die Bewegung, die nicht als Sport wahrgenommen wird oder unbewusst ausgeführt wird, ist die entscheidende. Der sogenannte NEAT-Faktor (Non Exercise Activity Thermogenesis) beschreibt die Bewegung, die du außerhalb deines Trainings ausübst und macht am Ende des Tages den Großteil deiner Schritte und auch deiner verbrannten Kalorien aus.
Gesunde Ernährung
Um Leistungstiefs und Müdigkeitsattacken am Nachmittag zu verhindern ist eine ausgewogene Ernährung und ausreichend Flüssigkeit essentiell. Fühlst du dich schlapp und antriebslos, so strahlst du das mit einer schlechten Körperhaltung aus und die Verspannungen lassen nicht lange auf sich warten.
Krafttraining
Bei stundenlangen Sitzzeiten muss der Körper eine gewisse Belastungstoleranz haben, um nicht nach wenigen Minuten zu verspannen und in eine schlechte Haltung zu fallen. Dafür eignet sich insbesondere Krafttraining. Es hilft durch den Aufbau von Rückenmuskulatur das Sitzen besser zu kompensieren und ist ein wichtiger Baustein für einen gesünderen Lebensstil. Als Neuling in dem Bereich empfehlen wir dir einen Personal Trainer, damit du dir keine falschen Bewegungsabläufe einlernst. Mit dem richtigen Krafttraining werden deine Beschwerden in kürzester Zeit deutlich reduziert, denn ein starker Muskel macht selten Probleme.